Menschen haben nicht nur größere, sondern auch faltigere Gehirne. Das ist supereffizient: mehr Gehirn in der gleichen Tasse. Aber wie lässt man ein faltiges Gehirn wachsen? Wie malen diese Furchen und Hügel das Bild Ihres Gehirns? Die Antwort ist Teil der Geschichte, die uns zu Menschen macht.
Eine Ursprungsgeschichte
Die heimlichen Helden in dieser Geschichte sind eine besondere Art von Zellen, die basalen radialen Gliazellen. Doch bevor wir zu ihnen kommen, müssen wir eine Entstehungsgeschichte erzählen. Nicht über DEN Ursprung des Lebens, sondern über den Ursprung Ihres und meines Lebens. Jeder von uns fing als ein sehr kleiner Zellklumpen im Mutterleib an. Als dieser Klumpen zu wachsen und sich zu organisieren begann, entstand der Vorläufer des Gehirns: die Neuralplatte. Letztendlich besteht die Neuralplatte aus sechs Schichten. Drei davon sind für unsere Geschichte wichtig und tragen Namen wie aus der Science Fiction: die subventrikuläre Zone am unteren Ende, die intermediäre Zone, die sich wenig überraschend in der Mitte befindet, und die kortikale Platte oben.
Image credit: https://www.cell.com/developmental-cell/pdf/S1534-5807(23)00580-4.pdf
Es ist eine hügelige Angelegenheit…
Das Seltsame ist Folgendes: Der Boden der neuralen Platte ist beim Menschen nicht flach, sondern schlängelt sich auf und ab, als ob er Hügel und Täler hätte. Hier kommen unsere heimlichen Helden ins Spiel: die basalen radialen Gliazellen. In den Hügeln gibt es viel mehr von ihnen als in den Tälern. Und auf dieser wellenförmigen Oberfläche bilden sie ein Fasernetz über der Neuralplatte, wie die obere Hälfte eines Spinnennetzes. Die Neuronen, die von unseren Helden stammen, können von unten, wo sie herkommen, an die Spitze der Neuralplatte klettern und so die Masse auf dem Hügel vergrößern. So werden die Hügel größer und die Täler tiefer, bis wir ein stark gefaltetes statt ein flaches Gehirn haben.
Aber das ist noch nicht alles. Neuronen in Tieren mit faltigen Gehirnen, wie Menschen und Schimpansen, klettern dieses Fasernetzwerk auch viel mehr wie eine Bergstraße hinauf, fahren nach links und rechts und nehmen alle möglichen Kurven. Die Neuronen von Tieren mit glatten Gehirnen, wie z. B. Mäusen, klettern dagegen gerade nach oben. Das bedeutet, dass die Hügel und Täler, die bereits vorhanden waren, durch das Durcheinander der Neuronen noch stärker zerknittert werden.
Image credit: https://www.cell.com/developmental-cell/pdf/S1534-5807(23)00580-4.pdf
Wissenschaftliche Mimikry
Lange Zeit waren sich die Wissenschaftler nicht sicher, ob der äußere Druck des Schädels die Faltenbildung des Gehirns verursacht oder ob sie stattdessen auf den Druck von innen zurückzuführen ist. Interessanterweise können die Wissenschaftler das Faltungsmuster mit einfachen Gelen recht gut nachahmen, und wenn man Druck von innen auf diese Gele ausübt, entstehen die gleichen Falten wie in einem menschlichen Schädel. Das Wachstum passiert ist also im Grunde wie in einem Dampfkochtopf.
Video: https://youtu.be/f-JraqXhinY?feature=shared&t=20
Article: https://www.cell.com/developmental-cell/pdf/S1534-5807(23)00580-4.pdf