Die Reise wissenschaftlicher Entdeckungen: Mehr als nur ein Weg nach Gold zu graben

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ForscherInnen müssen auf der Suche nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen viel graben. Sie vertiefen sich in wissenschaftliche Artikel und Theorien und graben letztendlich mit Experimenten nach intellektuellem Gold (Wissen). Aber bevor sie anfangen können zu graben, müssen sie erst das richtige Werkzeug finden, denn dies ist situationsabhängig.

Die ersten zwei Teile dieser Serie (Teil 1, Teil 2) erklärten, wie ForscherInnen herausfinden, wo sie graben müssen. Hier werde ich die Werkzeuge und Methoden erklären, die ForscherInnen zur Verfügung stehen, und vor allem eine vorher wenig gebrauchte Methode belichten, die durch die COVID-19 Pandemie zunehmend prominenter wurde.

Bei den ersten Denkansätzen und beim Aufstellen von Theorien muss das am besten geeignete Werkzeug sorgfältig ausgewählt werden. Genau wie Bauarbeiter, die für ein großes Loch einen Bagger benutzen, aber eine Schaufel für ein kleineres Loch, so müssen auch ForscherInnen herausfinden, welches Werkzeug am besten zu ihrem theoretischen Ansatz passt. SprachforscherInnen interessieren sich vor allem dafür, wie das menschliche Hirn Sprache in verschiedenen Situationen lernt, versteht und produziert. In anderen Worten: intellektuelles Gold. Das geeignete Werkzeug ergibt sich meistens aus der Frage und der entsprechenden Antwort, die die ForscherInnen suchen. Wie wir bereits in den vorherigen zwei Teilen gelesen haben, überlegen sich die ForscherInnen ganz genau, wo sie mit ihrer Suche anfangen müssen. Dasselbe gilt auch für die Wahl des Werkzeugs. Ähnlich wie Bauarbeiter, die keinen Bagger benutzen würden, um eine Nadel auszugraben, würden ForscherInnen keine Lupe benutzen, um Hirnaktivität zu messen. Welche Werkzeuge und Methoden stehen den ForscherInnen also zur Auswahl, um das Gehirn zu untersuchen?

Wenn ForscherInnen wissen wollen, welche Hirnregionen beim Gebrauch von Sprache involviert sind, können sie funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) nutzen. Ein fMRT ist ein großer Magnet, der Bilder vom Gehirn machen kann und dabei Regionen hervorhebt, die am aktivsten bei einer Aufgabe sind.

Ein fMRT ist ein großer Magnet, der Bilder vom Gehirn machen kann.

Allerdings ist das Timing eher ungenau. Wenn ForscherInnen auf die Millisekunde genau wissen wollen, welche elektrischen Signale zwischen verschiedenen Hirnregionen kommunizieren, dann würden sie wahrscheinlich Elektroenzephalographie (EEG) nutzen.
Wenn sie hingegen die Prozesse bei der Auswahl des richtigen Wortes untersuchen wollen, können sie automatische Augenbewegungen und Reaktionszeiten messen. Indem man verschiedene experimentelle Bedingungen vergleicht, kann man daraus auf unterschiedliche kognitiven Prozesse schließen. Zu guter Letzt benutzen ForscherInnen auch Fragebögen, um die subjektiven Meinungen von Versuchspersonen zu bestimmten Spracheigenschaften oder -konstruktionen zu dokumentieren.

Jedes dieser Beispiele ist auf Menschen im Labor oder Forschungszentren angewiesen (mit Ausnahme von online Fragebögen). Am Anfang der COVID-19 Pandemie wurden Universitäten und Forschungszentren allerdings geschlossen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Dadurch konnten die oben genannten Methoden nicht mehr genutzt werden. Diese Herausforderung sorgte dafür, dass ForscherInnen die Wahl ihrer Forschungsmethoden gründlich überdenken mussten. Die Lösung für diese neue Herausforderung war dabei sehr viel näher als gedacht: zuhause.
Um weiterhin nach Gold graben zu können, haben ForscherInnen online Experimente entwickelt. Solche Experimente können von Versuchspersonen gemütlich von zuhause aus am privaten Computer oder Laptop durchgeführt werden. Vor der Pandemie wurden online Instrumente sehr wenig genutzt, weil sie relativ unzuverlässig waren: Man konnte sich nicht sicher sein, ob der Computer alles gut aufzeichnen würde. Darüber hinaus war das Bezahlen und Managen von Versuchspersonen äußerst schwierig. Einige Online-Plattformen zahlten sehr wenig und wiederum andere erlaubten es derselben Versuchsperson, am selben Experiment mehrmals teilzunehmen.

Ähnlich wie bei der Entwicklung der COVID-19 Impfung, haben ForscherInnen und Universitäten während der Pandemie daran gearbeitet, zuverlässigere Online-Plattformen für Experimente zu entwickeln. Zum Beispiel gibt es jetzt sehr viele Experimente auf Plattformen wie Gorilla oder Prolific. Diese Plattformen fragen nach ausführlichen Informationen über das Equipment und die Versuchsperson, um die oben genannten Risiken zu minimieren. Dieses neue und erneuerte Werkzeug half ForscherInnen dabei ihre Forschung, wenn auch auf Abstand, in den letzten zwei Jahren fortzusetzen auch hier am Max-Planck-Institut.

Zusammengefasst ist es nicht nur wichtig, wo man gräbt, sondern auch welches Mittel man benutzt. Ohne das richtige Werkzeug könnte man ein zu großes und tiefes Loch graben, und dabei das Gold verfehlen. Wenn das Gold klein ist, muss man sich kleiner, präziser Werkzeuge bedienen. Wenn das Gold groß ist, dann braucht man ein großes, starkes Werkzeug, um es komplett ausgraben zu können. Eye-tracking und EEG sind zum Beispiel besser für akkurates Timing geeignet, und ein fMRT kann zeigen, welche Regionen bei einer Aufgabe involviert sind, hat dafür aber weniger akkurates Timing. So selbstverständlich wie es scheinen mag, die richtige Stelle zum Graben und das richtige Werkzeug zu finden geht Hand in Hand bei der Suche nach intellektuellem Gold.

Autor: Alex Titus
Redakteurin: Katharina Polsterer
Niederländische Übersetzung: Julia von der Fuhr
Deutsche Übersetzung: Ronny Bujok
Endredaktion: Sophie Slaats